Offene Mindestsicherung - Umsetzung der Empfehlungen - barrierefreie Version

Informationen

Vorlage an Landtag und Landesregierung
Der Landes-Rechnungshof berichtet dem Landtag gemäß Art. 70 Abs. 1 der Landesverfassung über seine Tätigkeit und die Ergebnisse seiner Prüfungen aus dem Bereich des Landes. Gleichzeitig ist der Bericht der Landesregierung zu übermitteln. Nach Vorlage an den Landtag sind die Berichte zu veröffentlichen.

Geprüfte Stellen
Abteilung Soziales und Integration (IVa) im Amt der Landesregierung sowie Bezirkshauptmannschaften Bludenz, Bregenz, Dornbirn und Feldkirch

Prüfzeitraum
2020 bis 2023 mit Stand März 2023

Prüfgegenstand
Umsetzungsstand der Empfehlungen aus dem Prüfbericht Offene Mindestsicherung – Leistungen der Bezirkshauptmannschaften zur Existenzsicherung, veröffentlicht im Jahr 2020

Prüfergebnis
Das Ergebnis der Prüfung wurde der Vorständin der Abteilung Soziales und Integration (IVa) sowie den Bezirkshauptmännern oder ihrer Vertretung am 20. April 2023 zur Kenntnis gebracht. Die Landesregierung gab am 10. Mai 2023 eine Stellungnahme ab, die vom Landes-Rechnungshof in den Bericht eingearbeitet wurde.

Formale Aspekte
Die in den Kapiteln Prüfergebnis 2020 und Empfehlungen verwendeten geschlechtsspezifischen Bezeichnungen gelten grundsätzlich für Frauen und Männer. Es handelt sich dabei um die Originalfassung aus dem ursprünglichen Bericht. Seit dem Jahr 2023 wird eine geschlechtergerechte Formulierung verwendet.

Ablauf der Prüfung
Grundlage der Prüfung war die nach § 5 Abs. 3 des Gesetzes über den Landes-Rechnungshof zu erstattende Rückmeldung des Rechtsträgers, dem die geprüften Stellen zuzurechnen sind, über die getroffenen Maßnahmen. Diese ist dem Landtag längstens zwölf Monate nach Behandlung des Berichts im Landtag zu übermitteln. Zudem basierte die Evaluierung auf den schriftlichen Rückmeldungen dieses Rechtsträgers im Rahmen der weiteren jährlichen Nachverfolgung des Umsetzungsstands seitens des Landes. Zur Überprüfung der vorliegenden Selbsteinschätzung nahm der Landes-Rechnungshof stichprobenartig in Unterlagen Einsicht und führte im März 2023 Gespräche mit verantwortlichen Führungskräften. Seine daraus gewonnene Bewertung kann von der ursprünglichen Rückmeldung abweichen. Die Empfehlungen werden mit dem Stand der Bearbeitung tabellarisch aufgelistet. Der Umsetzungsstand wird in drei Kategorien eingeordnet:

umgesetzt
Die Empfehlung wurde vollständig umgesetzt.

in Arbeit
Die Empfehlung ist teilweise umgesetzt und/oder befindet sich in Bearbeitung, konkrete Schritte sind geplant.

nicht umgesetzt
Der Empfehlung wurde entweder nicht entsprochen, Schritte zur Umsetzung sind nicht geplant oder sie wurde vom betreffenden Rechtsträger abgelehnt. Auch Empfehlungen, die vom Landes-Rechnungshof mangels Anlassfällen als nicht relevant beurteilt werden, sind hier zugeordnet.

In einem Kommentar zum Umsetzungsstand erläutert der Landes-Rechnungshof ausgewählte Themen.

1 Prüfergebnis 2020

Der Landes-Rechnungshof prüfte von Oktober 2019 bis Mai 2020 die Gebarung des Landes in einem Teilbereich der offenen Mindestsicherung. Beurteilt wurden die Leistungen der Bezirkshauptmannschaften zur Existenzsicherung. Schwerpunkte der Prüfung lagen im einheitlichen Vollzug sowie in der Koordination durch die Abteilung Soziales und Integration (IVa). Nicht Gegenstand der Analyse waren die ebenso im Rahmen der offenen Mindestsicherung gewährten Unterstützungen zur ambulanten Pflege und Betreuung sowie die Finanzierung sozialer Einrichtungen, beispielsweise im Zusammenhang mit der Wohnungslosenhilfe.

Im Juli 2020 veröffentlichte der Landes-Rechnungshof den Prüfbericht. Er wurde am 23. September 2020 im Kontrollausschuss behandelt. Der Landtag nahm den Prüfbericht in seiner Sitzung am 7. Oktober 2020 einstimmig zur Kenntnis. Mit Schreiben vom 16. September 2021 berichtete die Landesregierung dem Landtag gemäß § 5 Abs. 3 des Gesetzes über den Landes-Rechnungshof, welche Maßnahmen getroffen wurden.

Wichtige Leistungen für Menschen in Notlagen

Die Leistungen zur Existenzsicherung in der offenen Mindestsicherung – zukünftig Sozialhilfe – unterstützen als letztes soziales Auffangnetz Menschen in Notlagen. Sie werden aus Sozialfondsmitteln finanziert und umfassen insbesondere Zahlungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs. Ergänzend können z.B. Hilfen zur Deckung von Sonderbedarfen gewährt werden, die u.a. zur Anschaffung von Möbeln oder großen Haushaltsgeräten dienen. Die Ausgaben stiegen in den Jahren 2014 bis 2017 um beinahe 60 Prozent und sanken im Folgejahr um rund ein Fünftel auf knapp € 36 Mio. für über 15.000 unterstützte Personen. Für den Prüfzeitraum lag die durchschnittliche Bezugsdauer bei 29 Monaten. Der Vollzug obliegt den Sozialabteilungen der Bezirkshauptmannschaften. Im Zusammenhang mit dem vom Bund erlassenen Grundsatzgesetz stehen aktuell Änderungen der landesrechtlichen Regelungen an. Auf die Neuerungen der komplexen Rechtsmaterie sind die Mitarbeitenden rechtzeitig durch gezielte Schulungen vorzubereiten.

Verbesserungspotenziale im Vollzug nutzen

Der Landes-Rechnungshof analysierte den Ablauf zur Leistungsgewährung und prüfte 100 risikoorientiert ausgewählte Akten in den vier Bezirkshauptmannschaften. Er stellte zwar ein weitgehend einheitliches Vorgehen fest, dennoch identifizierte er auch Unterschiede. Diese bestanden z.B. bei Prüfroutinen zur Aufdeckung von Auffälligkeiten, der Einholung ärztlicher Gutachten, dem Zusammenwirken mit Gemeinden oder dem Umfang von Barauszahlungen. Good-Practice-Beispiele einzelner Sozialabteilungen werden derzeit zu wenig für alle nutzbar gemacht. Die Aktenprüfung zeigte darüber hinaus Bearbeitungsfehler und systematische Defizite auf. Diese waren teils mit erhöhten Ausgaben oder Mindereinnahmen verbunden. Beispielsweise wurden fehlerhafte Zahlungen getätigt, Möglichkeiten zur Rückerstattung von Umsatzsteuerbeträgen nicht durchgängig genutzt oder Sonderzahlungen bei Ermittlung des Leistungsanspruchs abweichend berücksichtigt. Insbesondere bei Sonderbedarfen unterschied sich die grundsätzliche Bewilligungspraxis. Um einen einheitlichen Vollzug zu gewährleisten, ist der Umfang der Leistungsgewährung besser abzustimmen. So wurden bestimmte Gegenstände wie Fernsehmöbel, Couchtische oder Staubsauger von einzelnen Sozialabteilungen bewilligt, von anderen in der Regel abgelehnt. Weiters sind Zusagen für Kostenübernahmen ab bestimmten Wertgrenzen erst nach einer Kontrolle im Vier-Augen-Prinzip zu tätigen. Der Landes-Rechnungshof kritisiert, dass entgegen einem Erlass zur Verbesserung des Internen Kontrollsystems nicht alle Forderungen im IT-System erfasst wurden.

Koordinationsrolle verstärkt wahrnehmen

Der Abteilung Soziales und Integration (IVa) kommen als Oberbehörde Weisungs- und Kontrollbefugnisse zu. Sie hat u.a. einen einheitlichen Vollzug der Bezirkshauptmannschaften sicherzustellen. Dazu führt sie bereits wichtige Maßnahmen durch, diese sind jedoch zu verbessern und zur Unterstützung der Sachbearbeitenden auszubauen. Ergänzend zu den halbjährlichen Dienstbesprechungen, die einen großen Teilnehmerkreis aufweisen, sollten auch kleinere Besprechungsformate für einen praxisnahen Austausch eingeführt werden. Ebenso ermöglicht eine nähere Kategorisierung der Entscheidungssammlung, dass relevante Judikate leichter aufgefunden werden. Weiters sind Erlässe zu aktualisieren und Leitlinien zur Gewährung ergänzender Leistungen zu überarbeiten. Mit der Fachaufsicht steht grundsätzlich ein geeignetes Instrument zur Koordination und Kontrolle zur Verfügung. Um ihre Wirksamkeit zu erhöhen, hält es der Landes-Rechnungshof für zweckmäßig, während der Überprüfung Einsicht in Daten des spezifischen IT-Systems zu nehmen sowie auch die betriebswirtschaftlichen Mitarbeitenden einzubinden. Er regt an, Ergebnisse der Fachaufsicht mit allen Bezirkshauptmannschaften zu besprechen, um einen breiteren Wissenstransfer zu erreichen. Derzeit werden Arbeitsbehelfe zur Einschulung und laufenden Information der Sachbearbeitenden weitgehend nicht zentral bereitgestellt. Dies wird aus Gründen der Effizienz und Einheitlichkeit im Vollzug jedoch als sinnvoll angesehen. Im Hinblick auf eine stärkere Koordination ist zudem je nach Sachthema die Federführung einer Bezirkshauptmannschaft zu prüfen.

IT-System und Datenbasis weiterentwickeln

Um die Abwicklung von Sozialleistungen elektronisch zu unterstützen, wird seit vielen Jahren ein spezifisches IT-System eingesetzt. Darin ist zur laufenden Überprüfung von Leistungsvoraussetzungen u.a. ein automatisierter Datenaustausch mit wesentlichen Systempartnern eingerichtet. Diese Fachanwendung weist auf Grund ihrer veralteten Technologie jedoch Sicherheitsrisiken auf. Mit der geplanten Umstellung auf ein Nachfolgesystem werden Schwachstellen nur teilweise behoben. Weiters sind Mängel in der Benutzerverwaltung, wie ein fehlendes systembasiertes Vier-Augen-Prinzip, zu beseitigen und Benutzerrechte auf den notwendigen Umfang zu beschränken. Seit Mitte 2017 steht im IT-System ein neues Modul für die Berechnung von Leistungsansprüchen bereit. Dennoch erfolgten im Jahr 2020 nach wie vor Berechnungen teils außerhalb des Systems, die Nutzung des Moduls wurde von der Abteilung Soziales und Integration (IVa) nicht verpflichtend vorgegeben. Zudem ist die Auswertung der damit erfassten Daten bislang technisch nicht realisiert. Auch zu wenige Pflichtfelder im IT-System führen zu einer eingeschränkten Datenbasis. Kennzahlen, wie zum Arbeitsmarktpotenzial der Beziehenden, können nicht, andere zum Teil nur näherungsweise ermittelt werden. Diese sind wichtig, um z.B. die Wirksamkeit von Maßnahmen zur raschen (Wieder-)Eingliederung in das Erwerbsleben überprüfen zu können. Eine verbesserte Datengrundlage ist zu schaffen und ermittelte Kennzahlen sind vermehrt für öffentliche Berichte bereitzustellen.

2 Empfehlungen

Insgesamt sprach der Landes-Rechnungshof in seinem Prüfbericht 40 Empfehlungen aus. Zwei Empfehlungen, welche sich auf mehrere Aspekte bezogen, splittete er für die Überprüfung der Umsetzung auf. Somit wurde der Umsetzungsstand von 42 Empfehlungen analysiert. Zum Zeitpunkt der Überprüfung waren 29 Empfehlungen umgesetzt, 10 befanden sich noch in Bearbeitung und 3 waren nicht umgesetzt.

Umsetzungsstand der Empfehlungen

Stand März 2023

Grafik über den Umsetzungsstand der Empfehlungen mit Stand März 2023

Bis Mitte 2020 sprach der Landes-Rechnungshof in 123 Prüfberichten im Bereich des Landes 1.695 Empfehlungen aus. Davon waren zum Zeitpunkt der jeweiligen Evaluierung 66 Prozent bereits umgesetzt, 25 Prozent in Bearbeitung und 9 Prozent nicht umgesetzt. Die geprüften Stellen dieses Berichts griffen somit einen höheren Anteil von Vorschlägen auf.

Kapitel 1 – Grundlagen

1. Mitarbeitende rechtzeitig durch gezielte Schulungen auf Umstellungen im Vollzug durch Änderung der rechtlichen Grundlagen vorbereiten
umgesetzt

2. Umfang und Qualität der Daten für bessere Beurteilung der Wirksamkeit von Maßnahmen er-höhen
in Arbeit

3. Datenmeldungen an Statistik Austria verbessern
in Arbeit

4. Für zutreffende Darstellung und klare Benennung bei Masterprodukten Sorge tragen
umgesetzt

Kapitel 2 – Abteilung IVa

5. Arbeitsmarktintegration von Leistungsbeziehenden mit Betreuungspflichten von Kindern älter als drei Jahre in Steuerungsgruppe mit Arbeitsmarktservice abstimmen
umgesetzt

6. Fachaufsicht regelmäßig und bei Bedarf unter Beiziehung betriebswirtschaftlicher Mitarbeitender durchführen sowie dabei Einsicht in Daten der Fachanwendung nehmen
umgesetzt

7. Stichprobenumfang für Fachaufsicht nach Größe der Sozialabteilung der Bezirkshauptmannschaften wählen
umgesetzt

8. Wesentliche Ergebnisse der Fachaufsicht mit allen Bezirkshauptmannschaften besprechen
umgesetzt

9. Bei Dienstbesprechungen Vertretung je Sozialabteilung der Bezirkshauptmannschaft sicherstellen
in Arbeit

10. Kleineres Besprechungsformat mit Bezirkshauptmannschaften einführen
umgesetzt

11. Federführung je nach Sachthema von einer Bezirkshauptmannschaft in Abstimmung mit Oberbehörde prüfen
umgesetzt

12. Entscheidungssammlung näher kategorisieren
nicht umgesetzt

13. Erlässe aktualisieren und gegebenenfalls ausbauen
umgesetzt

14. Verwendung des elektronischen Berechnungsmoduls der Fachanwendung in Bezirkshauptmannschaften einfordern und überprüfen
umgesetzt

15. Bereitstellung der Daten des Berechnungsmoduls für Auswertungszwecke technisch realisieren
in Arbeit

16. Vier-Augen-Prinzip bei Benutzerverwaltung und jährliche Überprüfung der Benutzerrechte gewährleisten
in Arbeit

17a. Benutzerrollen auf notwendiges Ausmaß einschränken
umgesetzt

17b. Rollenbezeichnungen harmonisieren
in Arbeit

18. Automatisierte Schnittstelle zum Zentralen Melderegister in Fachanwendung umsetzen
in Arbeit

19. Zugang zur Transparenzdatenbank für Bezirkshauptmannschaften schaffen und erweiterte Berechtigung für Abfrage der Familienbeihilfe beantragen
nicht umgesetzt

20. Abfragemöglichkeit des Familienzuschusses vereinfachen
umgesetzt

21a. Migration auf Nachfolgesystem zeitgerecht abschließen
umgesetzt

21b. Weitere Verbesserungen wie elektronische Aktenführung vornehmen
in Arbeit

22. Funktionsumfang der separaten Datenbank in Datawarehouse implementieren
nicht umgesetzt

23. Auf durchgängigen Einsatz der Analyse- und Berichtssoftware in Bezirkshauptmannschaften hinwirken
umgesetzt

24. Pflichtfelddefinition in Fachanwendung erweitern
umgesetzt

Kapitel 3 – Vollzugsbehörden

25. Wesentliche Inhalte der Jours Fixes der jeweiligen Sozialabteilung dokumentieren
umgesetzt

26. Relevante Unterlagen für Sozialabteilungen zentral bereitstellen und aktuell halten
umgesetzt

27. Vorgehensweise im Zusammenhang mit Leistungsvereinbarungen der Bezirkshauptmannschaften klären
in Arbeit

28. Zusammenarbeit mit Gemeinden weiter stärken
in Arbeit

29. Prüfroutinen in allen Bezirkshauptmannschaften einsetzen
umgesetzt

30. Kurzantragsformulare auf Gewährung von Leistungen optimieren und vereinheitlichen
umgesetzt

31. Möglichkeit der amtsärztlichen und zahnärztlichen Begutachtung für alle Sozialabteilungen sicherstellen
umgesetzt

32. Barauszahlungen auf unbedingt notwendiges Ausmaß beschränken
umgesetzt

33. Vorgehen bei Berücksichtigung von Sonderzahlungen abstimmen und vereinheitlichen
umgesetzt

34. Forderungen durchgängig in Fachanwendung erfassen
umgesetzt

35. Vier-Augen-Prinzip auch bei vorläufiger Nichtgeltendmachung von Forderungen ausdrücklich vorsehen, sofern bestimmte Wertgrenzen und Zeitspannen überschritten werden
umgesetzt

36. Bei Folgeanträgen wiederkehrend Kontoauszüge anfordern und auf deren Vollständigkeit achten
umgesetzt

37. Bewilligungspraxis bei Sonderbedarfen besser abstimmen
umgesetzt

38. Leitlinien für Sonderbedarfe überarbeiten und auf weitere Kategorien ausdehnen
umgesetzt

39. Für Ausstellung von Kostenübernahmebestätigungen ab bestimmten Wertgrenzen Vier-Augen-Prinzip vorsehen
umgesetzt

40. Beihilfe nach Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz durchgängig geltend machen und Sachbearbeitende entsprechend schulen
umgesetzt

Anzahl Empfehlungen Gesamt
29 umgesetzt
10 in Arbeit
3 nicht umgesetzt

3 Kommentar zum Umsetzungsstand

Die Abteilung Soziales und Integration (IVa) sowie die Sozialabteilungen in den Bezirkshauptmannschaften griffen die Empfehlungen größtenteils auf. Es gelang, die Zusammenarbeit zwischen diesen deutlich zu stärken und den Vollzug weiter zu vereinheitlichen. Im Jahr 2022 stellte das Land zudem auf das neue IT-System um. Darauf aufbauend sollen nun zusätzliche Funktionen realisiert werden. Überdies wurde die Datenbasis verbessert. Um aber relevante Daten auswerten und in gefordertem Umfang der Statistik Austria bereitstellen zu können, sind weitere Schritte notwendig. Einzelne Empfehlungen setzten die geprüften Stellen nicht um, jedoch entwickelten sie teils alternative Lösungen.

Rechtlicher Rahmen

Seit dem Prüfbericht des Landes-Rechnungshofs aus dem Jahr 2020 gab es im Bereich der offenen Mindestsicherung wesentliche Änderungen. Mit April 2021 trat das neue Sozialleistungsgesetz des Landes in Kraft. Es war auf Grund des rund zwei Jahre zuvor erlassenen Grundsatzgesetzes des Bundes notwendig geworden. Die Umstellung auf die neue Rechtslage brachte mehrere Anpassungsnotwendigkeiten mit sich. Für einen möglichst reibungslosen Übergang wurden u.a. Schulungen für die Sachbearbeitenden, im Weiteren aber auch für Systembeteiligte wie Gemeinden oder Sozialeinrichtungen organisiert (E 1). Ebenso mussten beispielsweise Änderungen im spezifischen IT-System oder bei Dokumentenvorlagen vorgenommen werden. Stellvertretend für sämtliche Bezirkshauptmannschaften (BHen) übernahm der Leiter der Sozialabteilung in Bregenz, welcher auch als Vortragender bei den angeführten Schulungen fungierte, vorbereitende Aufgaben (E 11).
Die nunmehr als offene Sozialhilfe bezeichnete Rechtsmaterie wird von den Sozialabteilungen der vier BHen vollzogen. Der Abteilung Soziales und Integration (IVa) im Amt der Landesregierung kommt als Oberbehörde eine wichtige Koordinationsfunktion zu. Sie nimmt auch zentrale Aufgaben im Datenmanagement oder bei der Betreuung des spezifischen IT-Systems wahr, mit dem die Abwicklung von Sozialleistungen elektronisch unterstützt wird.

Koordination

Im Rahmen ihrer Koordinationsfunktion hat die Abteilung Soziales und Integration (IVa) u.a. regelmäßig Fachaufsichten durchzuführen, die auch zu einem einheitlichen Vollzug beitragen sollen. Sie fanden seit der Prüfung des Landes-Rechnungshofs wieder jährlich in allen Sozialabteilungen und wie empfohlen unter Einbindung von betriebswirtschaftlichen Mitarbeitenden statt (E 6). Die wesentlichen Ergebnisse der Fachaufsichten wurden im Weiteren in einem neugeschaffenen Besprechungsformat – der Arbeits-gruppe Soziales – diskutiert (E 8, 10). Darin sind der Leiter des Fachbereichs Existenzsicherung in der Abteilung Soziales und Integration (IVa) sowie die Leiter∙innen der Sozialabteilungen der BHen vertreten. Gespräche im Zuge der Evaluierungsprüfung ergaben, dass das neue Format wesentlich zu einem intensiveren Austausch und einer besseren Abstimmung beitrug. Als hilfreich erwies sich zudem ein im Frühjahr 2021 eingerichtetes Laufwerk, auf dem für die Sachbearbeitenden vollzugsrelevante Dokumente und Anleitungen zentral bereitgestellt werden (E 26). Der Landes-Rechnungshof sieht die deutlich stärkere Zusammenarbeit zwischen den eingebundenen Dienststellen sehr positiv. Er betont aber, dass anderen Besprechungsformaten – wie den Dienstbesprechungen mit erweitertem Personenkreis – ebenso entsprechende Bedeutung beizumessen ist (E 9).
Eine fortlaufend geführte Sammlung relevanter Judikate, die auch nach Schlagworten bzw. Themen gegliedert ist, wurde nicht erstellt (E 12). Allerdings wird als Unterstützung für die Sachbearbeitenden ein laufend aktualisiertes und thematisch gegliedertes Handbuch zum Sozialleistungsgesetz auf dem gemeinsamen Laufwerk bereitgestellt. Dieses hat sich auskunftsgemäß auf Grund seiner praxisorientierten Aufbereitung sehr bewährt.

Vollzug

Im Zuge seiner Prüfung im Jahr 2020 analysierte der Landes-Rechnungshof in den vier Sozialabteilungen 100 Einzelakten und erhob relevante Prozesse. Daraus leitete er mehrere Empfehlungen ab, welche die geprüften Stellen nahezu vollständig umsetzten. Prüfroutinen, um den Datenbestand nach bestimmten Kriterien auf Auffälligkeiten zu durchsuchen, führt die Sozialabteilung der Bezirkshauptmannschaft (BH) Bregenz beispielsweise nun für alle BHen durch (E 29). Entsprechend der Empfehlung des Landes-Rechnungshofs reduzierten die Sozialabteilungen zudem Barauszahlungen deutlich. Im Vergleich der Jahre 2018 und 2022 sanken sie um rund 90 Prozent auf € 10.100. Erreicht wurde dies u.a. durch die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen anstelle von Bargeld und bei der BH Bludenz auch durch die Überweisung von Heizkostenzuschüssen (E 32). Die Sozialabteilungen vereinheitlichten überdies zuvor individuell erstellte Formulare für Folge- oder Zusatzleistungen (E 30). Im nun harmonisierten Folgeantrag ist standardmäßig vorgesehen, dass Kontoauszüge der letzten drei Monate beizubringen sind (E 36). Auch für die Sachbearbeitenden der BH Feldkirch ist es nunmehr möglich, amts- und zahnärztliche Begutachtungen bzw. Abklärungen vornehmen zu lassen. Dadurch kann laut der zuständigen Abteilungsleiterin die Notwendigkeit und Angemessenheit von Leistungen besser beurteilt werden (E 31). Ebenso zeigte die Evaluierungsprüfung, dass die Sozialabteilung der BH Feldkirch ihr Vorgehen bei der Berücksichtigung von Sonderzahlungen jenem der anderen BHen anglich (E 33).
Als wesentlich für eine einheitliche Vollzugspraxis erwies sich die Arbeitsgruppe Soziales. In dieser wurde beispielsweise die Leitlinie zur Bewilligung von Sonderbedarfen bzw. nunmehr Zusatzleistungen gemeinsam erörtert und überarbeitet. Die Richtlinie umfasst jetzt auch weitere Kategorien wie Sehbehelfe oder zahnärztliche Leistungen (E 37, 38). Um Empfehlungen hinsichtlich Dokumentation und Stundung von Forderungen nachzukommen, erarbeiteten die Mitglieder der Arbeitsgruppe Soziales zudem eine spezifische Dienstanweisung. Neben der Schulung dieser neuen Regelung setzten die Sozialabteilungen weitere Maßnahmen, um die Sachbearbeitenden für die Thematik zu sensibilisieren (E 34, 35).
Der Sozialfonds kann als Träger des öffentlichen Fürsorgewesens Umsatzsteuerbeträge, die in Rechnungen von Unternehmen ausgewiesen werden, grundsätzlich als Beihilfe geltend machen. Dass dies auch möglich ist, wenn Hilfsbedürftige Rechnungen vorauszahlen, war zu Beginn der Prüfung im Jahr 2020 nicht allen Sozialabteilungen bekannt. Gemäß vorgelegter Unterlagen wurden die Bediensteten inzwischen entsprechend geschult. Ebenso achten die Abteilungsleiter∙innen bei der Genehmigung von Leistungen vermehrt darauf, dass die Beihilfe geltend gemacht wird (E 40).
Im Prüfbericht aus dem Jahr 2020 empfahl der Landes-Rechnungshof ferner, die Zusammenarbeit mit Gemeinden als wichtige Systembeteiligte weiter zu stärken. In den letzten Jahren führten die Sozialabteilungen – ausgenommen jene der BH Dornbirn – u.a. pandemiebedingt keine Vernetzungstreffen mehr durch. Da diese auskunftsgemäß aber wiederaufgenommen werden sollen, war die Empfehlung als in Bearbeitung zu werten (E 28).

IT-System

Im Jahr 2018 wurde begonnen, an der Nachfolgelösung für das seit vielen Jahren genutzte spezifische IT-System zu arbeiten. Die Migration auf die neue Fachanwendung schloss das Land im Frühjahr 2022 ab (E 21a). Darauf aufbauend sollen nun weitere Funktionen realisiert werden, wie eine automatisierte Schnittstelle zum Zentralen Melderegister (E 18). Um eine bedienungsfreundliche elektronische Aktenführung zu ermöglichen, sind gemäß der Abteilung Soziales und Integration (IVa) noch Anpassungen im neuen IT-System erforderlich (E 21b).
Ein Zugang zur Transparenzdatenbank für die BHen wurde nicht geschaffen und auch keine erweiterte Berechtigung für die Abfrage der Familienbeihilfe beantragt. Damit können die Sozialabteilungen diese Leistung nach wie vor nicht elektronisch abrufen. Der Landes-Rechnungshof bemängelt, dass diese Empfehlung bislang wenig nachdrücklich verfolgt wurde. Nach Auskunft der Abteilung Soziales und Integration (IVa) soll die Thematik nun aber bei der nächsten Konferenz der Sozialreferent∙innen besprochen werden (E 19). Ebenso wurde im zugrunde liegenden Prüfbericht empfohlen, die Abfrage des Familienzuschusses für die Sachbearbeitenden zu vereinfachen. Dies ist in der neuen Fachanwendung nun schneller möglich (E 20).
Die Verwaltung der Benutzer∙innen im IT-System obliegt nach wie vor zwei Mitarbeitenden, die grundsätzlich eigenständig entsprechende Änderungen vornehmen können. Auskunftsgemäß wird aber eine gegenseitige Kontrolle praktiziert. Der Landes-Rechnungshof regt an, dies zukünftig auch zu dokumentieren. Zudem begrüßt er, dass ein technisch verankertes Vier-Augen-Prinzip angestrebt wird. Eine Überprüfung der Benutzer∙innenrechte erfolgte im Jahr 2021, unterblieb aber im Folgejahr. Dies plant die Abteilung Soziales und Integration (IVa) im Jahr 2023 wieder vorzunehmen (E 16).
Für die Pflege von Grunddaten, wie die jährliche Anpassung von Kostensätzen, wurde im neuen IT-System eine eigene Benutzer∙innenrolle mit eingeschränkten Rechten geschaffen. Der Landes-Rechnungshof sieht positiv, dass diese Empfehlung aufgegriffen wurde. Gleichzeitig ist seiner Ansicht nach aber für Rollen bzw. eingeräumte Berechtigungen laufend zu hinterfragen, ob sie dem Prinzip der minimalen Rechte entsprechen (E 17a). Überdies zeigte die Evaluierungsprüfung, dass die BHen teils noch abweichende Rollenbezeichnungen verwenden. Eine weitere Harmonisierung wird auskunftsgemäß angestrebt (E 17b).

Datenmanagement

Die Abteilung Soziales und Integration (IVa) definierte im neuen IT-System zusätzliche Pflichtfelder und entwickelte die Datenbasis im Bereich der offenen Sozialhilfe weiter (E 24). Über die in der Fachanwendung integrierte elektronische Berechnung, die zwischenzeitlich durchgängig verwendet wird (E 14), werden nun auch Daten zum Einsatz der Arbeitskraft oder zu Sanktionen erfasst. Damit diese mittels der spezifischen Analyse- und Berichtssoftware ausgewertet werden können, sind aber noch Arbeiten am Datenmodell erforderlich (E 2, 15). Bis zur Evaluierungsprüfung des Landes-Rechnungshofs lieferte das Land der Statistik Austria nach wie vor nur eingeschränkt Daten zur offenen Sozialhilfe. Verzögerungen ergaben sich vor allem durch die Migration des IT-Systems und damit verbundener Umstellungsarbeiten. Mit der Testung der Schnittstelle zur Statistik Austria wird nun im Spätsommer 2023 gerechnet (E 3). Die separate Datenbank, die auf den Datenbestand der Fachanwendung zugreift, wird nach wie vor genutzt. Die Empfehlung war damit als nicht umgesetzt zu bewerten (E 22).

Stellungnahme

Zu Empfehlung Nr. 27:
Das Instrument wird aktuell einer grundsätzlichen Überprüfung unterzogen. Ab dem 3. Quartal 2023 soll auf Basis der Analyse-Ergebnisse eine Modernisierung beziehungsweise Neuaufstellung der bisherigen Steuerung und damit auch der Leistungsvereinbarungen der Bezirkshauptmannschaften erfolgen.

 

Bregenz, im Mai 2023
Die Direktorin
Dr.in Brigitte Eggler-Bargehr

Abkürzungsverzeichnis
BH Bezirkshauptmannschaft
BHen Bezirkshauptmannschaften